Baba legt gestresst das Handy auf. Opa seufzt, klopft Baba sanft auf den Rücken und sagt traurigerweise: „Wir haben die Ochronose so lange wie möglich abgewehrt, aber ich kann dem Schicksal nicht entkommen. Irgendwann werde ich diese Welt verlassen. Mit nichts, was zeigt, dass ich je gelebt habe.“ Er bemerkt wie Minas Augen kurz zu ihrem Bauch wandern und zieht seine Augenbrauen zusammen. „Abu, sag so was nicht. Irgendeine Lösung werde-.“ Baba wird von Opas lautem Grunzen unterbrochen. „Keine Operationen mehr! Lasst mich in Frieden sterben. Begrabt mich in Österreich, an dem Ort, den ihr mir vor 16 – nein, 15 Jahren waren es glaube ich-“ Bevor er ein weiteres Wort sagen kann, sprintet Mina zum Auto. ”Wohin Mina?” Fragt Opa, jetzt noch mehr verwirrt. „Kommt einfach mit.“ Schreit sie zurück.
Das Auto hält an. Mina macht sich schnell auf den Weg und zieht Opas Hand mit sich.“Hör auf mich zu drängen! Habe ich nicht gesagt, dass ich in Frieden sterben will?”, schimpft er in Erwiderung. Kurz danach erreichen sie ein fast fertiges Gebäude. Baba und Opa gucken Mina irritiert an als sie grinsend auf eine goldene Tafel über den Eingangstüren zeigt. „Noor Institut für Herzforschung“ steht in goldenen Buchstaben. „Was ist das, Mina?“ fragt Opa erstaunt. Mina holt sich tief Luft ein, bevor sie antwortet: „Glaube niemals, dass dein Erbe mit dir endet. Deine Zukunft wird hierbleiben (Sie zeigt auf das Gebäude). „Dr. Rashid wird Leiter des Instituts sein. Wenn es mit dir recht ist, Opa?“ Er nickt sofort, ein leichtes Lächeln tanzt auf seinen Lippen. „Deine Zukunft bleibt auch hier“, sie zeigt auf sich selbst und Baba, der kurz davor ist, hysterisch zu heulen. Opa starrt lange seinem Namen auf der Tafel an: „Und deine Zukunft wird auch wachsen.“ Mina murmelt leise und streichelt ihren Bauch. Opa legt schockiert eine Hand auf seinen Mund und Baba fragt verblüfft: „Seit wann kocht du, Abu?“ Opa ignoriert seinen Sohn und umarmt Mina vorsichtig. Lautes Husten bricht aus ihm heraus und er löst die Umarmung. Baba stabilisiert ihn binnen Sekunden, aber Minas Augen werden trotzdem feucht mit Tränen. Opa flüstert lächelnd: „Weine nicht mein Kind. Bete, wenn du an mich denkst.“
(22 Tage später, nach dem Begräbnis.)
Baba wischt sich die schlingernden Tränen weg, bevor er zu seiner Tochter in den Garten geht: „Mina?“ Ihr Schluchzen hört auf. „Woran denkst du?“ Baba stottert und wischt sich schnell eine verirrte Träne von der Wange weg. Mina schaut Baba kurz an und spricht mit leiser Stimme: „Ich habe meinen Baba nur zweimal weinen gesehen. Als er seinen Vater temporär verließ und als sein Vater von der Welt permanent gegangen ist.“ Baba umarmt sie fest, ihre Tränen sickern durch seine Kleidung. Bald scheint das Mondlicht heller und die Sterne beleuchten das Himmel wie Laterne. Baba und Mina lächeln abrupt, denn sie wissen, dass Opa endlich seinen Frieden gefunden hat.
(5 Jahre später)
„ICH HASSE SCHLAF!" Mina rennt verzweifelt hinter ihrem Sohn her. Sie rutscht fast aus, aber ihr Mann fängt sie rechtzeitig. Sie lassen sich beide auf die Couch fallen, und gerade, als sie einschlafen wollen, stürmt Baba mit seinem Enkel auf dem Arm ins Zimmer. „Er will nicht ins Bett und wir haben alles versucht“, erklärt Mina.“ Baba sieht den kleinen Jungen grinsend an. „Noor?“ Er ruft sanft seinen Namen. Noor dreht seinen Kopf sofort zu ihm. „Ja, Opa?“ „Willst du eine Geschichte hören?“ Er nickt aufgeregt, als Baba ihn auf seinen Schoß setzt. Noors Vater rennt zum Schlafzimmer, aber Mina erkennt die Geschichte sofort und bleibt. Sie legt ihren Kopf, neben den von Noor hört, Baba aufmerksam zu. Augenblicke später legt sich auch ihr Mann zu ihnen hin. Bald ist das Wohnzimmer, das einst von Noors Schreien widerhallte, nun von seinem und dem Schnarchen seiner Eltern erfüllt. Baba tätschelt Noors Kopf, spricht ein kleines Gebet und sagt leise: „Abu, du bist gegangen, aber deine Zukunft wird immer bleiben.“