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Geschichten einer Stadttaube

Magdalena Kalb

Es gibt Geschichten.

Geschichten über eine Zeit in der wir angesehene Helfer waren. In denen wir versorgt, gefüttert und geliebt wurden. Es gibt Geschichten über eine Zeit, in der es auf jedem Hof viele von uns gab, in der wir die Überbringer von wichtigen Nachrichten waren. Aber diese Zeiten sind vorbei.

Eines Tages ließen die Menschen uns einfach uns selbst überlassen. Und hier sind wir nun. Verwilderte Haustiere, Vertriebene, manch einer sieht uns gar als Ungeziefer und will uns jagen. Ich selbst kann mich an die gute Zeit nicht erinnern, zu lange ist sie her.

 

Manchmal gibt es Menschen, die uns nicht ignorieren oder nach uns treten.

Manchmal gibt es Menschen, die uns füttern und uns versorgen. Leider ist das selten.

Besonders schlimm ist es im Winter, wenn es kalt ist in den Städten.

Es gibt nur wenige Grünflächen mit Bäumen und Sträuchern. Nistplätze und Futter sind nur schwer zu finden und wenn ich doch einmal fündig werde bekomme ich furchtbare Bauchschmerzen oder zittere vor Kälte.

Oh, wie schön wäre es im Grünen zu leben, in den großen Wäldern außerhalb der Stadt.

Aber ich bin noch nie so weit geflogen, dafür bin ich viel zu schwach und hungrig.

Ich träume von den guten Zeiten, in denen wir gebraucht und versorgt wurden.

Ich träume von Zeiten, in denen ich nicht frieren oder hungern muss.

Aber solange ich träume, bleibe ich hier und habe Hoffnung.

Hoffnung auf die Zukunft, Hoffnung auf ein besseres Leben.

Und solange ich hier warte und Hoffnung habe, schaffe ich es zu überleben.

Denn egal wie kalt die Winter sind oder wie wenig Futter ich finde,

ist es die Hoffnung auf die Zukunft. Weil Zukunft bleibt.


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