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Jede Welle bricht

Katja Reitbauer

Meine Augen sind offen. Sie starren auf einen Punkt, einen Punkt, der nur in der Ferne existiert. Doch auch diesen Punkt erreichen sie. Diese Gedanken. Gedanken von einer Welt in der nichts wirklich eine Rolle spielt. Macht. Krieg. Gier. Geld. Einfluss. Die Farbe der Haut, die Religion, die Kultur. Denn am Ende laufen wir alle durch dasselbe Ziel. Unseren Tod. Eine Lapaille, könnte man meinen. Nicht wichtig, jetzt noch nicht, nicht denkenswert. Jetzt noch nicht. Was wirklich wichtig ist, ist unsere Zukunft. Eine Zeitspanne von fünf Jahren, zehn Jahren, vielleicht auch fünfzehn Jahren. Vielleicht auch mehr. Unsere Zukuft, die wir präventieren wollen, festlegen. Eine Vorstellung unseres persönlichen Lebens kopiert und umgesetzt. Wir wollen Geld. Ansehen. Nein, wir wollen Erfolg. Wir wollen es hören, die Wörter der Bewunderung, geboren aus Mündern, aus denen Schwalbenküken als Wortfetzen entspringen. Sie fliegen auf uns zu, schmiegen sich kurz mit ihrem weichen Saum an unsere Wagen, doch ehe sie uns passiert haben, stürzen sie nieder. Geschätze Worte des Glückwunsches, der Gratulation sind so oft ungeübte Küken, die es gerade so in unsere Gedanken und unser Herz schaffen. Doch diese Küken sind Missgeburten, nicht gewollt. Bald sind sie verschwunden. Nicht mehr existent. Nicht so gemeint. Und irgendwann merken wir, dass sie nicht mehr da sind. Und das tut weh.

Wir wollen lernen, lernen was uns einen Aufstieg ermöglicht. Und obwohl jeder einzelne weiß, dass viele dieser Dinge, die wir auswendig lernen, Wort für Wort sich unseren individuellen Interessen niemals gleichstellen lässt. Doch wir müssen es schaffen, nicht wahr? Eine Beeindruckende Zukunft. Geld und Ansehen. Doch wie gut wissen wir auch dass dieser Regen aus Glücksgefühlen oft zu einer Sucht – einer Gier werden kann. Und oft wird aus Regen eine Lacke. Daraus ein See. Ein Meer. Und auf jedem Meer toben Stürme. Kriege. Machtgier. Gier nach noch mehr Einfluss. Weit hergeholt, doch wahr. Inmitten von Erwartungen und Hoffnung, Gier und Frust vergessen wir etwas zu verstehen, was die meisten nicht tun und nie tun werden. Unser selbst. Unser Denken. Wie sollen wir jemals unser Leben nach unseren Interessen gestalten, wenn wir sie nicht verstehen?

Eine Welle. Ja, eine Welle. Unser Leben ist wie eine Welle. Eine Welle hat höhere und tiefere Abschnitte. Tief unten wirft der obere Teil, der für uns noch gar nicht existiert, einen dunklen Schatten. Drakonisch sieht es dort unten aus. Verlieren kann man sich schnell. Gischt und kaltes Waser lassen uns beinahe ertrinken, bevor es uns wieder an die Oberfläche treiben lässt. Aber genau dort, an den dunkelsten Stellen erkennt man vieles, jenes, dass man bei Lichtzeiten niemals hätte bemerken können. Man folgt diesen Sichtungen, man folgt dem Weg des Wassers, hinauf, hinauf, immer weiter nacht oben. Man erkennt sie immer besser, versteht was sie bedueten, vielleicht sogar im Zusammenhang mit denen, die man in Dunkelheit gesichtet hat. Weiter, immer weiter, bis man sich an der Spitze der Welle wieder findet. Und dann, mit der Sonne im Rücken geküsst und umgeben von Glück und, ja, und Freude, sieht man sich selbst gespiegelt im Wasser untersich, dort unten in den Tiefen. Dort, wo die Reise begann.

Man erkennt sich selbst, man versteht auch dass es keinen Unterschied macht, wie schön eine Welle war, wie groß oder gar hoch sie war, denn sie bricht immer. Einmal mehr, einmla weniger, doch sie bricht.

Als Fazit: Was bringt uns Geld, Macht, Einfluss und Ansehen, wenn wir am Ende alle in die Hände des Todes fallen? Alle. Reich. Arm. Alle.

Jede Welle bricht.

Jeder Mensch stirbt.

Unsere Zukunft bleibt gleich. Bis dahin, findet euch selbst, gespiegelt in euren Tiefen.


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