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Was wenn die Menschen sehen, dass es kein Morgen gibt?

Leonie Lechner

Ohne die Hoffnung auf ein Morgen – was wären wir? Diese Frage zwingt uns, über die grundlegenden Aspekte unserer Existenz nachzudenken. Hoffnung ist ein Anker, der uns durch die Höhen und Tiefen des Lebens trägt, der uns glauben lässt, dass es selbst in der dunkelsten Stunde noch Licht gibt. Doch was, wenn diese Hoffnung verschwände? Wenn es kein Morgen gäbe? Würde unser Leben dann sinnlos? Würden wir in Angst verharren oder könnten wir eine neue Freiheit finden, in der nur der gegenwärtige Moment zählt? 

In einer Welt ohne Hoffnung auf ein Morgen wären unsere Entscheidungen anders. Alles, was wir tun, ist auf Konsequenzen ausgerichtet. Wir streben nach Bildung für eine bessere Zukunft, arbeiten hart, um Sicherheit zu gewinnen, bauen Beziehungen auf, die uns langfristig stützen sollen. Doch ohne ein Morgen wären diese Entscheidungen überflüssig. Warum sich bemühen, wenn nichts bleibt? Warum Pläne schmieden, wenn das Ende nah ist? Unsere Motivation würde schwinden, das Leben, wie wir es kennen, würde an Bedeutung verlieren. Vielleicht aber auch nicht.

Vielleicht würden wir uns anders verhalten. Die Abwesenheit einer Zukunft könnte uns dazu bringen, den gegenwärtigen Moment intensiver zu erleben. Was wäre, wenn wir wüssten, dass es keine Zeit mehr gibt, um aufzuschieben oder zu planen? Vielleicht würden wir uns auf das konzentrieren, was uns im Jetzt Freude bereitet. Beziehungen könnten an Tiefe gewinnen, nicht weil sie uns in der Zukunft stützen, sondern weil sie uns im Moment glücklich machen. Vielleicht sollten wir uns vielmehr bewusst machen, dass das Leben immer nur im Jetzt stattfindet, egal, wie sehr wir auf die Zukunft hoffen oder uns Sorgen machen. Denn selbst wenn das Morgen kommt, wird es wieder ein Jetzt sein, dass wir entweder erleben oder ignorieren können. So bleibt die Zukunft stehts gegenwärtig.

Doch warum leben wir nicht bereits so? Warum sind wir so sehr auf die Zukunft fixiert, dass wir das Hier und Jetzt übersehen? Viele Menschen haben verlernt, im Moment zu leben. Sie sind so beschäftigt, ihre Ziele zu verfolgen, ihre Karrieren zu planen oder ihre Renten zu sichern, dass sie die Gegenwart kaum wahrnehmen. Sie leben nicht wirklich, sondern existieren in ständiger Vorfreude oder Besorgnis. Die Gegenwart wird zur Durchgangsstation für einen besseren Ort – sei es ein erfolgreicher Beruf, eine harmonische Beziehung oder der Ruhestand. Doch während sie auf die Zukunft fixiert sind, verpassen sie das Leben selbst.

Dabei ist der gegenwärtige Moment alles, was wir wirklich besitzen. Die Zukunft ist ungewiss, die Vergangenheit vorbei, aber das Jetzt, dieser Moment, ist real. Hier atmen, fühlen und lieben wir. Wenn wir uns nur auf das Morgen konzentrieren, verpassen wir die kleinen Freuden, die das Leben lebenswert machen. Es ist ein Paradoxon: Wir streben nach einer besseren Zukunft, um glücklich zu sein, und übersehen dabei, dass das Glück direkt vor uns liegt – im jetzigen Moment.

Ein Leben ohne die Hoffnung auf ein Morgen würde uns zwingen, den Moment in seiner ganzen Tiefe zu erleben. Es würde uns zeigen, dass das Leben nicht nur aus Plänen besteht, sondern aus den kleinen, oft unscheinbaren Momenten, die wir jetzt erleben. Aber brauchen wir wirklich den Gedanken an eine Welt ohne Zukunft, um dies zu erkennen?

Die Hoffnung auf ein Morgen ist wichtig, sie gibt uns Kraft und Perspektive. Doch sie darf uns nicht dazu verleiten, das heute zu vergessen. Wir müssen lernen, beides zu integrieren: die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und das bewusste Erleben des Augenblicks. Nur so können wir wirklich leben – nicht als Getriebene der Zeit, sondern als bewusste Gestalter unseres Lebens. Die Zukunft mag viele Möglichkeiten bieten, aber das Leben findet immer nur jetzt statt.


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