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Heute ist doch alles schlimmer

Pascal Hauser

Da saßen sie. Die Oiden. Unlust am Leben wie chronisch depressive, sich ritzende Jugendliche, maulten sie über jegliches Beklagen, als ob es das Ende des Bleibens der Zukunft wäre. „Was bleibt uns denn noch?“, fragte einer der Oiden, ein Mann runzelig wie eine Rosine. Während der Zwidere diese Anklagen an die Gerechtigkeit des Lebens stellte, spielten ganz in der Nähe drei Denker Basketball. Einer von ihnen vernahm das in den Ohren klirrende Schwatzen des Oiden. Diogenes war sein Name. Während dieser schwarze Sog alle anderen Beteiligten in ihren traurigen Bann zog, brachte der Sog Diogenes nur zum Kichern. Diogenes wusste die, beziehungsweise, einen Teil der Antwort. Dem Oiden blieb noch so viel. Ihm blieb Essen, Trinken, eine Wohnung, Sonnenlicht, Musik, und vor allem: die Zukunft. „Was grinst du so!?“, empörte sich der Oide. „Alles nehmen sie uns. Erst letztens ist mir zu Ohren gekommen, der Schwager meines Neffen meiner Großtante wurde letztens erst von ihnen verprügelt. Und in den Nachrichten sind sie überall. Diese Ausländer“, führte eine andere Oide fort. „Und nichts hält die Jugend mehr aus. Taugenichtse! Alle schauen sie nur auf das Handy. Keinen Respekt besitzen sie mehr. Und Umsicht sowieso nicht. Die stehen in der Bim nie auf. Dabei habe ich mein ganzes Leben nur geschuftet. Aber arbeiten wollen die ja nicht. Alle nur Teilzeit. Immer schlimmer wird es“, meinte eine weitere. Nun bekamen auch die anderen Denker davon Wind. Sokrates ging belustigt auf die Betagten zu. Er fragte: „Bleibt die Zukunft unbekannt, weil man sich ihr mutig öffnen muss. Oder hat man Angst vor der Zukunft, weil sie unbekannt bleibt?“ „Halt Abstand, du Sandler“, befahl einer der Oiden. Nun mischte sich Diogenes wieder ein: „Warum habt ihr Angst vor der Zukunft, wenn sie euch aber doch so gewiss ist?“ „Das ist doch logisch, du Tunichtgut“, schrie eine Oide wutentbrannt. „Wenn ihr wisst, was das Problem ist, warum unternehmt ihr nicht etwas?“ Verwirrt schaute ein Oida Diogenes an und antwortete dann: „Na, weil nichts zu unternehmen ist.“ „Wenn nichts zu unternehmen ist, dann muss es unveränderbar sein. Wenn etwas unveränderbar ist, ist es ein Naturgesetz. Und vor Naturgesetzen braucht man keine Angst zu haben. Wenn ich in einem brüchigen Haus lebe, muss ich dann Angst vor der Schwerkraft oder vor der unzuverlässigen Konstruktion haben? Wenn ich am Herd koche, habe ich dann Angst vor dem Satz der Thermodynamik oder habe ich Angst vor meiner eigenen Ungeschicktheit mich zu verbrennen? Das heißt, ihr habt Angst, weil ihr nichts ändern wollt.“ „Jetzt zieht endlich Leine, ihr Zigeuner“, kreischte eine Oide. „Ok“ sagte der dritte und die Denker zogen von dannen. Als die Denker wieder begannen, Basketball zu spielen, fragte ein Jugendlicher, ob sie ihn auch lehren könnten, wie eines Fels in der Brandung zu sein, weise wie die Zeit selbst und selbstsicher wie ein Baum weit über dem Krummholzgürtel. Da meinte der Dritte, das ihm die Zukunft bleibe, wenn er nicht aufhöre, offen im Denken und Herzen zu sein. 

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