Ein bleiernes Gefühl liegt in meinem Magen. Manchmal steigt es mir in die Kehle und schnürt mir die Luft ab. Ich trage das Gefühl immer aus dem Gebäude hinaus, das sie Amt nennen, dort haben sie viel "blei". Ich verstehe nur bruchstückhaft was sie sagen, aber ich glaube, ich weiß was sie meinen, wenn sie von "Bleiberecht", "Bleibeperspektive und "Bleibe" sprechen. Ich möchte dankbar sein, eine Bleibe möchte ich aber nicht. Ich will ein Zuhause.
Als alles vorbei war, wollte ich zurück nach Hause, zu dem was noch davon übrig war, um es wieder aufzubauen. Um wieder gut zu machen, dass ich nicht da war. Das ich meinem Land nicht gedient habe. Aber es gab kein Zurück. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, sie schreitet unaufhörlich voran. Meine Hilfe war genauso wenig erwünscht wie ich. Nachbarn, mit denen ich früher getrunken hatte, Freunde, mit denen ich durch dick und dünn gegangen war, sahen mich an als könnten sie mich zum ersten Mal richtig sehen. Während ich kaum etwas von ihnen selbst in ihren Gesichtern erkennen konnte.
Von meinen vier Brüdern war mein jüngster der Einzige, der aus dem Krieg heimgekehrt ist. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, sah er so alt aus wie wir alle fünf zusammen. Er riet mir wieder fortzugehen. Das letzte, das er zu mir sagte, war, dass die Wunden zu tief seien, und die Gräben, die der Krieg gezogen hat, unüberwindbar wären. Er sagte es, als würde er es so meinen, doch ein Teil von ihm dachte, ich wäre es gewesen, der die Gräben gezogen hatte, weil ich nicht neben ihm im Schützengraben gelegen hatte, als das Blei die Luft erfüllte.
Ich konnte ihm nicht mehr in die Augen sehen, ich war wieder gegangen und hatte wieder das Gefühl, ihn im Stich gelassen zu haben.
Wenn ich daran denke, schreibe ich seine Worte auf, immer und immer wieder, in der Hoffnung, etwas von dem Blei aus meinem Magen würde auf dem Papier zurückbleiben, wenn ich es aufbringe.
Als der Krieg begonnen hat, war ich 17 Jahre alt, nun bin ich 21 und mein ganzes Leben liegt noch vor mir, doch ich komme nicht umhin, mich zu fragen, was mir noch bleibt.