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Eine Zukunft, die nie war

Katrin Seidler

Im Dämmerungszustand hörte ich ein durchdringendes: „PIEP, PIEP, PIEP“. Als ich meine Augen blinzelnd öffnete, saß ich in einer metallischen Kapsel. In dessen Mitte vermachte ich ein Bedienpult, von welchen ich annahm, dass das nervtötende Piepen seinen Ursprung hatte.  

Vier weitere Personen saßen mit mir in der Kapsel. Die Gesichter der Personen waren verschwommen und fremd. Ich drehte mich zur Seite und blickte einem Mann in die Augen. Er war klein, schätzungsweise Mitte 30, doch sein Bart war so lang, dass man meinen könnte, er wäre bereits 90. Das Schild auf seinem olivgrünen Overall verriet: Benn, ein Erfinder.

„Haben wir es geschafft? Sind wir wirklich die Ersten, die in die Zukunft gereist sind?“, fragte er aufgeregt, Seine Stimme schwankte zwischen Euphorie und Nervosität.

Mit einer Mischung aus Autorität und einem seltsamen Hauch von Besessenheit antwortete eine Frau: „Es wäre möglich, aber wir werden es nur wissen, wenn wir die Tür öffnen.“ Kaum hatte sie diesen Satz beendet, stürmte sie auch schon auf die Tür zu und hatte die Hände schon am Hebel, bereit, ihn nach unten zu reißen.

Da sprang die Person zu meiner Rechten auf und stürzte auf Ms. Smith zu. Sie war jung, Mitte 20, mit feuerroten, schulterlangen Haaren und einer runden Brille auf er Nase. Auf dem Schild auf ihrem Overall stand: Alex- Botanikerin und Zoologin.

Sie packte Ms. Smiths Hände und riss sie vom Hebel weg. „Wir haben keine Ahnung, was da draußen auf uns wartet - oder wer!“, schrie sie. „Was, wenn da draußen gar nichts mehr ist? Es wäre verrückt so leichtfertig diese Tür ohne Vorsicht oder Überprüfung zu öffnen!“

 

Da erhob sich der auch Mann, der mir gegenübersaß, langsam - die fünfte Person. Mit betonter Gelassenheit schlenderte er zu den beiden Frauen und trennte sie mit einer kräftigen, jedoch sanften Bewegung voreinander.

„Ganz ruhig, Ladies“; sagte er mit einem selbstbewussten Lächeln. „Kein Grund zu Hysterie. Wenn da draußen irgendjemand oder irgendetwas ist, dann bin ich da, um euch zu beschützen“.

Alex rollte nur genervt mit den Augen.

Der Mann war Marc, ein durchtrainierter Bodybilder und Militäroffizier, dessen olivfarbener Overall bei jeder Bewegung bedrohlich über seinen Muskeln spannte. Er hatte eine Waffe lässig über seine Schulter geworfen, diese und sein verhalten machten es offensichtlich, dass er als Beschützer mitgekommen ist.

Kaum hatte Marc fertig gesprochen, ertönte wieder ein schrilles Piepen und alle drehten sich alarmiert zur Tür. Benn stand dort, seine Hände eng um den Türhebel geschlungen, einen entschlossenen Ausdruck in den Augen.

Bevor überhaupt irgendjemand reagieren konnte, zog er den Hebel nach unten. Die Tür öffnete sich langsam mit einem lauten Knarren.

Durch den entstandenen Spalt wurde die gesamte Kapsel mit einem hellen grellen Licht geflutet. Die Tür schwang weiter auf und wurde mit einem lauten Knall in die Angel geschleudert. Frische, nach Regen und Erde duftende Luft erfüllte den Raum.

Benn war der Erste der über die Treppe hinaus stolpert, gefolgt von Marc, Alex und Ms. Smith. Sie blieben wie angewurzelt am Fuße der Treppe stehen und starren fassungslos in die Ferne.

Ich blinzelte gegen das blendende Licht, kämpfte mich in Richtung der Öffnung. Es war so grell, dass ich einen Moment brauchte, bis sich meine Augen daran gewöhnt hatten.

PIEP

PIEP

PIEP

Ich riss meine Augen auf, das Herz mir in meiner Brust hämmernd. Ich starrte auf die ach so vertrauten Ränder meines Zimmers und das schrille Piepen der in grellem Rot blinkte. Ich war zu Hause in meinem Bett.

Ich blickte auf das Datum auf meinem Wecker, immer noch im gleichen Jahrhundert. Irgendwie enttäuscht kreisten meine Gedanken um die Zukunft: Wie wird diese aussehen? Wird es überhaupt eine Zukunft geben?

Ich setzte mich in meinem Bett auf, den Blick zum Wecker schweifend und atmete tief durch. Die Zukunft wird wohl immer Zukunft bleiben.


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