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Abby und der Delfin

Marie Speer

Abby saß an ihrem Schreibtisch und starrte auf den Bildschirm. Die bunten Bilder von Korallenriffen und exotischen Meerestieren faszinierten sie nicht mehr. Meeresbiologie – das war doch immer ihr Traum gewesen. Oder? Jetzt, am Anfang ihres Studiums, war sie sich nicht mehr sicher. Das Lernen fiel ihr schwer, und obwohl sie sich darauf gefreut hatte, fühlte sie sich leer.

Schon in der Schule war Abby eine Außenseiterin gewesen. Sie fand keinen Anschluss und wurde gemobbt, weil sie anders war. Nun, an der Universität, war es nicht besser. Die anderen Studenten schienen ihre Leidenschaft für das Meer nicht zu teilen, und Abby fühlte sich allein. Ihr einziger Trost war ihr Hund Bayley. Doch nun war Bayley schwer krank. Die Tierärzte waren ratlos, nichts half, und Bayley wurde immer schwächer. Abby wusste nicht, was sie tun sollte.

Ihre Eltern machten sich Sorgen. Eines Abends stieß Abbys Mutter auf einen Artikel: Ein Heiler auf Hawaii versprach, jede Krankheit mit natürlichen Mitteln heilen zu können. Sie beschlossen, es zu versuchen, und Abby reiste mit Bayley nach Hawaii.

Dort fühlte sich Abby fremd. Der Heiler sah Bayley an und erklärte, dass nicht nur sein Körper krank sei, sondern auch sein Herz – und Abbys ebenfalls. Abby verstand nicht, was er meinte, aber sie folgte seinem Rat, jeden Abend am Strand zu verbringen.

So saß sie Nacht für Nacht allein am Ufer, das Rauschen des Meeres begleitete ihre Gedanken. Doch die Traurigkeit blieb, und Bayley erholte sich nicht.

Eines Abends sah sie einen gestrandeten Delfin. Ohne nachzudenken, rannte sie zu ihm und schob das hilflose Tier zurück ins Wasser. Der Delfin drehte sich noch einmal zu ihr um, bevor er verschwand. In den folgenden Tagen dachte Abby viel an ihn. Irgendetwas in ihr hatte sich verändert, auch wenn Bayley immer noch schwach war.

Einige Tage später ging Abby schwimmen. Während sie durch die Wellen glitt, spürte sie plötzlich eine Berührung an ihrem Fuß. Panik stieg in ihr auf, doch als sie genauer hinsah, erkannte sie den Delfin, den sie gerettet hatte. Er schwamm um sie herum, und Abby lachte. Zum ersten Mal seit Wochen fühlte sie sich leichter.

Von diesem Moment an ging sie jeden Tag ins Meer. Der Delfin kam immer wieder, und gemeinsam schwammen sie durchs Wasser. Mit jeder Begegnung fühlte Abby, wie die Last auf ihrem Herzen leichter wurde. Sie erkannte, dass das Meer mehr war als nur ein Ort der Forschung – es war eine Quelle der Heilung.

Eines Morgens fand sie Bayley am Strand, auf den Beinen und schwach wedelnd. Sie weinte vor Freude. Der Heiler hatte recht gehabt: Nicht nur Bayleys, sondern auch ihr Herz war krank gewesen. Durch das Meer und die Verbindung zum Delfin waren sie beide geheilt.

Abby kehrte nach Hause zurück und wusste nun, dass Meeresbiologie genau das Richtige für sie war. Das Meer hatte ihr gezeigt, dass die größten Heilungen nicht immer aus der Medizin kommen, sondern aus der Liebe, der Natur und der Verbindung zu anderen Lebewesen. Die Zukunft bleibt – voller Hoffnung und Wunder, wenn man nur offen genug ist, sie zu sehen.


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