Das Jahr 1999, ich verstecke mich hinter der Wand unseres Hühnerstalls, ich höre wie die Soldaten immer näher kommen. Ich weiß nicht was ich machen soll. Wir brauchen doch die Hühner, sie legen uns Eier, und wenn wir ganz besonders hungrig sind, essen wir eines.
Was soll ich jetzt machen?
Soll ich eines der Hühner retten?
Vielleicht schaffe ich es ja das eine mit in den Wald zu nehmen.
Ist meine Mama schon in den Wald gerannt?
Mein Bruder, meine zwei Schwestern? Sind sie sicher?
Wieso bin ich noch hier.
Wieso bin ich in die andere, falsche Richtung gerannt?
Werde ich jetzt wirklich sterben, nur weil ich eines unserer Hühner retten wollte?
„Изађите, јебени Албанци!“, schrie der serbische Soldat mir zu. Er denkt wohl ich bin ein Mann, da er will, dass ich „scheiß Albaner“ endlich rauskomme. Ich frage mich, wo mein großer Bruder ist. Wurde er schon umgebracht von den Soldaten? Trauert er gerade um seine Kameraden?
Werde ich ihn je wieder sehen?
War es das jetzt mit mir? Waren die letzten sechzehn Jahre meines Lebens umsonst? Werde ich hier sterben?
Egal. Hauptsache ich sterbe auf meinem Land, und das mit Stolz.
Mein Blut wird in diesen Boden fließen, und von dem werden Gras und Pflanzen wachsen. Auf diesem Boden werden wir für immer sein. Unsere überlebenden Verwandten sollen für immer auf diesem Boden bleiben, und niemals aufgeben.
Ich will nicht, dass mein Tod umsonst ist.
Ich will leben, ich will weitermachen. Doch wie soll ich weitermachen, wenn ich gerade einem Gewehr entgegenstehe.
Der Soldat steht 6 Meter vor mir, er schreit mir etwas zu. Ich verstehe ihn nicht, ich kann kein serbisch. Nur wenige Wörter, eher die Beleidigungen, verstehe ich.
Ich drehe mich um und renne, meine dunklen, fasst schwarzen Locken versperren mir die Sicht, als ich noch ein letztes Mal dem Tod entgegenschaue.
Ich höre den Schuss.
Ich höre den Schuss?
Ich dachte, man hört den Schuss nicht, wenn man angeschossen wird.
Achso, er hat verfehlt.
Ich lebe.
Und ich renne. Ich renne, und renne und renne.
Ich verlasse meine Heimat.